Der One-Stop-Shop (OSS) ist da - Revolution für EU weite Umsatzsteuer Pflichten
Die größte Umsatzsteuer-Reform, der One-Stop-Shop, ist nun bereits seit dem 1. Juli 2021 in Kraft. Eine Reform, die 2017 beschlossen wurde, wird nun praktisch umgesetzt. Ziel des OSS ist es die grenzüberschreitende Abfuhr der Umsatzsteuer zu vereinfachen und zu generalisieren.
In Bezug auf die logistischen Entwicklungen der letzten Jahre und das rasante Wachstum des Online Handels, getrieben durch Logistik-Riesen wie Amazon, die den Markteintritt so einfach wie es nur geht gestalten, stellen sich jedoch einige grundlegende Fragen: wie funktioniert eben dieser One-Stop-Shop? Für wen ist der OSS “verpflichtend” und für welche Händler entstehen gar Mehraufwand oder Risiken?
Diese Fragen gilt es schnellstmöglich zu klären, denn obwohl die Anmeldefrist für Q3 auf den 10. August 2021 verlängert wurde, wird die Zeit knapp und unserer Erfahrung nach sind Händler in Bezug auf die Reform nicht in der Form informiert, wie sie es sein sollten. Wir klären im Folgenden die Kernpunkte, Pflichten und Risiken des One-Stop-Shops auf.
Funktionsweise des One-Stop-Shops
Der One-Stop-Shop soll zu einer Art Vertretung der Finanzämter anderer EU-Staaten in Deutschland durch das BZST (Bundeszentralamt für Steuern) werden. Der steuerpflichtige Online-Händler gibt in einer elektronischen Steuererklärung beim One-Stop-Shop an, welche Umsätze er mit Fernverkäufen an B2C Kunden in Ländern, die nicht seinem Firmensitz entsprechen, erzielt hat.
Anschließend zahlt er die selbst berechneten Steuern – nach den aktuellen Umsatzsteuersätzen in den Ländern seiner Kunden – an das BZSt. Dieses rechnet mit der Finanzverwaltung der übrigen EU-Staaten ab und überweist die jeweils fälligen Steuerbeträge.
Wegfall der nationalen Lieferschwellen aller EU Staaten und Ersatz durch eine EU-weite Lieferschwelle von 10.000€ netto.
Ab dieser Schwelle muss jeder Fernverkauf über den OSS gemeldet werden, andernfalls besteht in jedem Land, in das ein Paket versendet wird eine Umsatzsteuerpflicht.
Die Teilnahme am OSS ist optional.
Für die Teilnahme am OSS Verfahren muss man sich “bewerben”
Der Meldezeitraum ist immer das Quartal
Zahlungsfrist beträgt 30 Tage nach Ablauf des Meldezeitraum
Hintergrund für diese Umsatzsteuer Reform war, dass das innereuropäische Umsatzsteuerrecht mit der fortschreitenden Modernisierung, gerade des Online Handels, nicht mehr kompatibel ist. Mit dieser Reform soll das Bestimmungslandprinzip auf die Verkäufe umgesetzt werden, bei denen Privatpersonen die Kunden sind. Die Umsatzsteuer wird so stets in dem Land erhoben, in dem der Endkunde tatsächlich sitzt.
Informationen zur Teilnahme am One-Stop-Shop
Um den One-Stop-Shop und das besondere Besteuerungsverfahren nutzen zu können, müssen sich Unternehmer beim BZSt vor dem Besteuerungszeitraum registrieren lassen, in dem das Besteuerungsverfahren erstmals gelten soll. Die Teilnahme ist wie oben erwähnt nicht verpflichtend und man muss sich für das Verfahren “bewerben”.
Die Anmeldung ist auf den Internetseiten des BZSt möglich, bzw. über “mein BOP” zu tätigen.
VORSICHT: Online Händler können von der Teilnahme am OSS Verfahren ausgeschlossen werden, wenn in der Vergangenheit relevante Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt wurden.
Gründe dafür, dass eine Teilnahme am OSS Verfahren abgelehnt wird sind folgende:
Keine oder verspätete Übermittlung der Steuererklärung an das BZSt
Missachtung von Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit dem OSS Verfügung bzw. den jeweiligen Anforderungen.
Darüber hinaus können Händler sich nicht rückwirkend für das OSS Verfahren anmelden und müssen auf das nächste Quartal warten. In der Zwischenzeit entsteht ein Risiko, dass wir im folgenden erläutern. Auch Vorsteuerbeträge können nicht über den EU-OSS beantragt werden. Sofern Vorsteuern abzugsfähig sind, sind diese im Vorsteuererstattungsverfahren oder – wenn der Unternehmer im jeweiligen Mitgliedstaat registriert ist – im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.
Vorteile des One-Stop-Shops
Der OSS stellt eine grundlegende Erleichterung für Unternehmen dar, die Produkte aus einem Zentrallager heraus in andere EU-Staaten an Endverbraucher versenden. Durch den Aufbruch der Lieferschwellen, besteht keine Gefahr mehr, eine Steuerpflicht durch Lieferschwellenüberschreitung auszulösen (wenn man den OSS anwendet). Somit kann die Umsatzsteuer konsolidiert abgeführt werden.
Nachteile und Risiken des One-Stop-Shops
Für eine breite Masse an Online Händlern, die das Amazon FBA Programm nutzt und Ware im Ausland lagert, wird der One-Stop-Shop die VAT Compliance in Europa eher komplexer machen und er ist nicht in der Form kompatibel, wie ursprünglich angedacht. Sofern Online Händler im Ausland über Amazon ein Warenlager betreiben, bleibt die Steuerpflicht in diesen Ländern bestehen und ist auf folgende Fälle anzuwenden, die weiterhin lokal gemeldet werden müssen:
innergemeinschaftliche Verbringungen zwischen den einzelnen aktiven Ländern
B2C Verkäufe innerhalb der einzelnen Länder
Sprich, wenn aus einem Lager in Frankreich, ein Endkunde in Frankreich beliefert wird, besteht weiterhin eine lokale Meldepflicht in Frankreich.
Zwei parallele Workflows durch OSS
Händler, die aktiv im Ausland lagern und zusätzlich Fernverkäufe haben, müssen zwei separat laufende Workflows aufbauen:
Meldungen von B2C Fernverkäufen über den OSS
lokale Meldungen von innergemeinschaftlichen Verbringungen und lokalen B2C Verkäufen im Ausland
Risiko One-Stop-Shop größer als Mehrwert
Ein großer Nachteil des One-Stop-Shops ist es, dass viele Online Händler von der Reform betroffen sind, ohne Kenntnis darüber zu haben. So droht durch die einheitliche Lieferschwelle von 10.000€ eine Umsatzsteuerpflicht im Ausland, sofern man nicht am OSS teilnimmt. Und diese ist deutlich schneller überschritten, als die üblichen Lieferschwellen von 35.000€ bis 100.000€. Erschwerend hinzu kommt hier der Aufbruch der Ländergrenzen. Exkurs Lieferschwelle: Vor der Reform war es so, dass ein Land, z.B. Frankreich, separat durch eine Lieferschwelle von 35.000€ geschützt wurde. Erst ab dieser Summe, erreicht innerhalb eines Jahres, wurde eine Umsatzsteuerpflicht ausgelöst. Nun gilt eine Lieferschwelle von 10.000€ EUROPAWEIT. Sprich, bei 4.000€ Umsatz in Frankreich, 4.000€ Umsatz in Italien und 3.000€ Umsatz in Österreich, wird die Lieferschwelle unterjährig bereits überschritten. Dieser Fall ist durch deutlich mehr Händler im Bereich des möglichen.
Dies hat zur Folge, dass in jedem Land der EU, in dem ein Händler auch nur eine Lieferung tätigt, eine Umsatzsteuerpflicht entsteht. Und sei es nur ein Paket. Verhindern soll dies der One-Stop-Shop. Die Frage bleibt bestehen, inwiefern Händler diese, aktuell noch weitestgehend unter dem Radar laufende, Umsatzsteuerreform auf dem Schirm haben.
OSS für viele Online Händler relevant
Außerdem sind durch die geringere Lieferschwelle deutlich mehr Online Händler von einer weiteren Pflicht betroffen, die vorher in der Form nicht bestand. Somit entsteht ein logistischer Mehraufwand und die Notwendigkeit in das bestehende Setup einzugreifen.
Fazit
Der One-Stop-Shop ist gut gemeint und in Bezug auf einige Fälle auch absolut sinnvoll. Für viele, bzw. eine große Mehrheit, stellt der One-Stop-Shop allerdings ein erhöhtes Risiko bzw. einen erhöhten Mehraufwand dar. Ihr seid Euch nicht sicher ob bzw. in welcher Form der OSS für Euch relevant ist? Bleibt hier stetig up to date oder bucht hier direkt Euer persönliches und unverbindliches Beratungsgespräch.
countX ist ein führender europäischer Technologieanbieter in Umsatzsteuermeldungen für Onlinehändler. Das Unternehmen setzt kontinuierlich neue Maßstäbe in Bezug auf die Automatisierung der grenzüberschreitenden Einreichung der Umsatzsteuer, durch eine Mischung aus zukunftsweisender Technologie, direkter persönlicher Beratung, strenger Qualitätskontrolle sowie persönlicher Beratung. Das countX Team verfügt über Erfahrungen mit mehr als 200 Kunden in der E-Commerce-VAT-Compliance und bedient seine Kunden zu höchster Zufriedenheit, die durch Technologie in Kombination mit vorausschauender Beratung ermöglicht wird. Bei Fragen zu dem Thema wendet Euch an daniel.michael@countx.com oder +49 30 629315599.