Mehrwertsteuer in Frankreich: Was Du wissen solltest
Frankreich ist nicht nur in der EU ein geschätzter Handelspartner, auch die digitalen Marktplätze erfreuen sich großer Beliebtheit. Jedoch gibt es auch hier ein paar steuerrechtliche “Eigenheiten”, die man beachten sollte. Dies ist jedoch auch bei jedem anderen PAN-EU Land der Fall.
Denn jeder Händler bzw. jedes Unternehmen unterliegt möglicherweise bestimmten Erklärungspflichten gegenüber dem französischen Finanzamt - Versäumnis ist häufig gleich Strafe.
Wir klären auf!
Droit fiscal français - die Grundlagen
Die Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer heißt in der Landessprache Taxe sur la Valeur Ajoutée - oder kurz: TVA. Zuständig ist die Direction de la Legislation Fiscale.
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besteht auf 11 Zeichen, dem Ländercode FR und heißt Numéro d'identification TVA (ID TVA).
Grundsätzlich können sich Unternehmen, die französische Handelspartner beliefern in Deutschland von der Zahlungspflicht der Umsatzsteuer befreien lassen. Wie der steuerfreie innergemeinschaftliche Handel funktioniert, dürften die meisten von euch bereits wissen, aber wir geben gerne nochmal einen Exkurs.
Innergemeinschaftlicher Handel ist immer dann gegeben, wenn auf der entsprechenden Rechnung sowohl die USt-IdNr. als auch die französische Identifikationsnummer des Empfängers angegeben ist. Wird Gebrauch von der Autoliquidation (besser bekannt als Reverse Charge Verfahren) gemacht, gebt ihr als Rechnungssteller keine Steuer an. Stattdessen vermerkt ihr, dass es sich um eine umgekehrte Steuerschuldnerschaft handelt.
Wann ist eine Registrierung notwendig?
Bis Anfang des Jahres 2020 war die Lage ähnlich wie in den anderen PAN-EU Ländern auch: Ob eine umsatzsteuerliche Registrierung notwendig ist, hängt von vielen Faktoren ab. In bestimmten Situationen kann dies sogar verpflichtend sein. Hier können die Art des Handels, die höhe des Umsatzes aber auch die jeweilige Branche ausschlaggebend sein.
Zudem gibt es zahlreiche länderspezifische Ausnahmeregelungen. Für die meisten Onlinehändler zählen jedoch zwei Fragen:
Hast du ein Lager bzw. eine Betriebsstätte?
Hast du die Lieferschwelle überschritten?
Musst du eine der beiden Fragen mit “Ja” beantworten, besteht i.d.R. eine Registrierungspflicht.
Mit der 2020 eingeführten Marktplatzhaftung hat sich die Sachlage nun grundlegend verändert. Die Antwort auf die Frage: “Wann ist eine Registrierung nötig?”, lautet jetzt für Online-Händler: Immer!
Marktplätze wie Amazon und eBay müssen nun für nicht korrekt abgeführte Umsatzsteuer ihrer Händler haften. Um sich vor horrenden Strafen zu schützen verlangen die Plattformen nun Bescheinigungen des Finanzamts. Diese sollen gewährleisten, dass sich die Händler zuverlässig um ihre umsatzsteuerlichen Pflichten kümmern. Und genau dafür bedarf es einer ID TVA - auch wenn man möglicherweise gar nicht umsatzsteuerpflichtig ist. Kommt man dem nicht nach, drohen Account-Sperrungen auf dem jeweiligen Marktplatz.
Wichtig: Ab 2022 gilt die Marktplatzhaftung in allen europäischen Ländern!
Mehr zum Thema Marktplatzhaftung findet ihr hier: (https://juma-bueroservice.de/frankreich-marktplatzhaftung/)
Die Gültigkeit eurer ID TVA könnt ihr hier überprüfen.
Wie läuft die Registrierung ab?
Die Registrierung erfolgt beim Finanzamt für ausländische Firmen DRESG (Direction Générale des Impôts, Direction des résidents à l’étranger et des services généraux). Beantragt wird die ID TVA mithilfe des IMP-Formulars (Antragsformular) - in französischer Sprache - wir helfen euch gern!
Zusätzlich zu dem ausgefüllten Formular müsst ihr verschiedene Unterlagen bereithalten:
Kopie der Ausweise aller Gesellschafter
Kopie des Gesellschaftervertrages (sofern vorhanden)
Nachweis über geschäftliche Tätigkeiten - das französische Finanzamt überprüft, ob Warensendungen tatsächlich der örtlichen Umsatzsteuer unterliegt. Hierfür bieten sich z.B. Angebote oder Rechnungen an.
Beleg für gültige USt-ID z.B. Handelsregisterauszug
Ihr könnt die Registrierung natürlich auch über einen Bevollmächtigten abwickeln lassen. In Frankreich heißen diese übrigens mandataire fiscal.
Die Bearbeitung des Antrages bzw. die Ausstellung der endgültigen Nummer dauert in der Regel bis zu vier Wochen. Während der „Wartezeit“ ist es möglich, vorläufige Rechnungen zu stellen. Dies muss jedoch mit dem Hinweis gekennzeichnet werden, dass eure Nummer in Bearbeitung ist.
Jedoch müssen diese mit der finalen Nummer später angepasst werden. Sobald ihr eure ID TVA erhalten habt, muss sie auf jeder Rechnung angegeben sein. Neben der ID TVA erhaltet ihr auch eine SIRET-Nummer für die leichtere Kommunikation mit dem Finanzamt zugewiesen. Außerdem seid ihr nun verpflichtet alle in Frankreich getätigten Umsätze zu melden.
Aktuelle Steuersätze & Meldung
Mit erfolgreicher Registrierung seid ihr nun verpflichtet regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Auch wenn ihr möglicherweise gar nicht steuerpflichtig seid - Stichwort: Nullmeldungen - aber dazu später mehr. Gemeldet wird mit dem CA 3-Formular. Die Umsatzsteuer wird auch in Frankreich in unterschiedlichen Rhythmen gemeldet - diese sind abhängig von der Höhe der eurer Umsatzsteuerschuld.
Monatlich (bis zum 12.) -> Bei Umsatzsteuerschuld > 4000€/mtl.
Quartalsweise (bis zum 12. des neuen Quartals) -> Bei Umsatzsteuerschuld 1000€-4000€/mtl.
Jährlich (RSI-Verfahren (24. April, 24. Juli, 24. Oktober und 24. Januar des Folgejahres)) -> Bei Umsatzsteuerschuld < 1000€/mtl.
Die Fristen sollten tunlichst eingehalten werden, es drohen hohe Säumnisgebühren, Verspätungszuschläge und Bußgelder i.H.v. bis zu 80% der fälligen Umsatzsteuer!
Wer einen Umsatz unter 32.600€ generiert, bleibt von den Meldungen befreit. (?!)
Bei Umsätzen größer 81.500€ ist die monatliche Meldung hingegen verpflichtend.
Zusätzlich muss auch in Frankreich eine Jahreserklärung bzw. eine zusammenfassende Meldung (ZM) beim Bundeszentralamt für Steuern abgegeben werden. Diese ist bis zum 2. Werktag des neuen Geschäftsjahres einzureichen.
Was hat es mit den Nullmeldungen auf sich?
Nullmeldungen müssen dann eingereicht werden, wenn man zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet ist, aber keine Steuerschuld aufweist. In diesem Fall würde das CA-3 Formular lediglich mit Nullen befüllt. Wer also kein Lager in Frankreich hat und die Lieferschwelle einhält, muss eine Nullmeldung einreichen um nicht gegen die Meldepflicht zu verstoßen.
Aktuelle Steuersätze:
Steuersatz | Waren- und Dienstleistungssektor |
---|---|
Normal-Steuersatz (20%) | gilt grundsätzlich, außer auf folgende Waren & Dienstleistungen |
Ermäßigter-Steuersatz (10%) | Lebensmittel, Restaurantrechnungen, Transportleistungen/ Personenverkehr, Museen & Vergnügungsparks, pharmazeutische Produkte, Hotellerie |
Stark Ermäßigter-Steuersatz (5,5%) | Bücher, Hygieneartikel für Frauen, Grundnahrungsmittel, Energie (Gas und Strom), Arzneimittel |
Sondersteuersatz (2,1%) | Zeitungen, Fernsehgebühren, Medikamente, die von der Krankenkasse erstattet werden |
Nullsatz (0%) | Innergemeinschaftlicher und internationaler Verkehr (ausgenommen Straßen und Binnenwasserstraßen) |
Achtung: Für Korsika & Monaco gelten andere Steuersätze!
Wichtiges auf einen Blick
Lieferschwelle (bis 30.06.2021) | 35.000€ |
Registrierungspflicht (Marktplatzhaftung) | Ja |
Zuständiges Finanzamt | Direction Générale des Impôts, Direction des résidents à l’étranger et des services généreaux (DRESG), 10, rue du Centre, F-93465 Noisy Le Grand, Cedex |
Melderhythmen | Monatlich o. im Quartal |
Mindestantragssummen | 400€ (Erstattungszeitraum 3 Monaten), 50€ (Erstattungszeitraum 1 Jahr) |
aktuelle Steuersätze | 20%, 10%, 5,5%, 2,1% & 0% |
Fazit
Frankreich verfügt über ähnliche “steuerrechtliche Eigenheiten” wie jedes PAN-EU Land. Dass man hier die Augen nach Besonderheiten offen halten sollte, ist ja allseits bekannt. Aber neben anderen Lieferschwellen, abweichenden Meldefristen und unterschiedlichen Steuersätzen ist Frankreich nun eines der ersten Länder in denen die Marktplatzhaftung eingeführt wurde. Das bedeutet für Online-Händler natürlich einen bürokratischen Mehraufwand - nicht nur, dass man die Registrierung vornehmen muss, auch (etwaige Null-)Meldungen wollen regelmäßig und fristgerecht eingereicht werden. Wer hier den Überblick verliert läuft Gefahr Säumnisgebühren, Verspätungszuschläge und Bußgelder zahlen zu müssen.
Und wie immer gilt: Anträge sind in der Landessprache auszufüllen! Wer auf Nummer sicher gehen möchte, ernennt einen mandataire fiscale oder lässt sich im Zweifel fachkundig beraten.